Die Idee zu diesem Blog ist aus Zufall entstanden. Mit Freunden saß man in einer rotweinseligen Runde und plötzlich waren kratzende Strickhosen, verhunzte Poesiealben, furchtbare Haarschnitte und die Ignoranz der Banknachbarin ein Thema. Die Frage stellte sich schnell: Was hat einem in der Kindheit am allermeisten den Nerv geraubt? Vor allem macht es natürlich Freude, sich selbst in den Erlebnissen der anderen wiederzufinden.

Genau deshalb kommt jetzt der Blog ins Spiel. Wo kann man sich besser austauschen, als im Web? Wer sich bemüßigt fühlt, zu einzelnen Lebensabschnitten und Themenbereichen dieses Blogs was beizutragen oder nur zu kommentieren, ist herzlich eingeladen....
Viel Spass beim Mitschreiben und Lesen wünscht Raymond Schön
Sonntag, 12. August 2007
Klamottenkrieg II - Dreckschleuder
"Schinns" tragen zu können, war nun aber nur ein Teilsieg. (Diese Kriegsmetapher gefällt mir eigentlich nicht, aber wie soll ich's anders ausdrücken?) Zwar hatte ich jetzt ein solches Teil, aber das hieß ja nun beileibe nicht, dass ich es jeden Tag anziehen durfte. Irgendwann lag das Ding in der Wäsche und es musste solange gewartet werden, bis die kritische Masse an 60-Grad-schwere-Leinen-und-Baumwollewäsche für die wirtschaftliche Befüllung der Waschmaschinentrommel erreicht war. Das dauerte mir entschieden zu lange - vor allem weil ich erst eine besaß und ich in der Zwischenzeit wieder die schrecklichsten Schlaghosen aus Sandpapier anziehen musste.
Mich damit in die Waschmaschine zu legen und aus dem Blau ein blue zu kreieren traute ich mich nur einmal: "Was für ein Unsinn machsn du hier? Dann läufs du wohl mit der nassen Hose rum unn holsdir den Rest! Zieh sofort die Dinger aus! Mein Freundchen!". Nicht sehr freundschaftlich, wie ich fand.
Was tun? Im Wäschehaufen - aus dem Sinn! dachte ich mir und entführte das gut dreckige Teil in den Kohlenkeller, zu dem ich wegen meinem Fahhrad auch einen Schlüssel besaß. Früh hieß es dann, immer einige Minuten eher und ja nicht mit meiner Mutter gemeinsam aus der Wohnungstür hinaus zu gehen. Flugs die Kellertür aufgesperrt, die Hose aus dem eigentlich für die Kartoffeln gedachten Verschlag gezerrt und gegen die Present-20-Kinderkombinationshose ausgetauscht. (Hierbei lernte ich unseren Nachbarn Kruse etwas näher kennen - Mitte 50 und bereits früh morgens und öfters noch abends in seinem Reich - dem Kellerloch von 3.ol zu finden. Warum nur? Seine Leidenschaft galt, wie ich bald herausbekam, weniger dem Handwerk als dem Wilthener - 45% und magenfreundlich.)
Nun ja. Am Anfang musste ich auch hierbei dazulernen. Wenn ich wegen meines spätkindlichen Entdeckerdranges schon damals nach 14.00 Uhr nicht als unbedingter Saubermann durchging (zum Leidwesen meiner Mutter natürlich) so galt das ab dem Projekt "Kellerassel" bereits ab 7.40 Uhr in der Früh. Die nicht ohne Grund bereits in der Wäsche gelegene Hose, veredelt durch die Reste der Kohlenbrocken und den Geruch schlecht gelagerter Äpfel und Farbreste, war ganz dem Spirit des Erfinders dieser amerikanischen Arbeitshose verpflichtet. Nur leider nicht den Erwartungshaltungen meiner Lehrer. Nicht dass es sie je gekümmert hätte, wie ordentlich ich angezogen gehe - nein, dass ich roch wie ein Skunk in Notlage, behost mit einer zu großen, schwarzen Jeans mit dunkelblauen Flecken kam ihnen verdächtig vor, kannten sie meine Mutter doch als sorgsames Wesen! Diese einbestellt in die Klasse (sie arbeitete in der gleichen Schule;) konnte es kaum fassen: "Aber Ray, hast du dir noch so'n Ding gekauft? Und in schwarz, habe ich nicht gesagt, in schwarz gibt es die nicht!" Womit sie nicht unrecht hatte, schwarze Jeans gab es damals wirklich noch nicht. Egal... Die Masche mit dem Keller habe ich trotzdem nie verraten und musste ich halt ein wenig verbessern. Ich besorgte mir aus dem Keller des Nachbarn eine der nicht in unserem Haushalt vorrätigen Westtüten (TENGELMANN - blaue Tüte mit einem längs geteilten großen T in gelb/orange) und verstaute die "Dreckjeans" vor der großen Wäsche darin und im Regal mit dem Eingeweckten. Eigenartiger Weise funktionierte die Masche mit der dreckigen Wäsche ziemlich lange. Ich sah am Ende wahrscheinlich nicht wirklich besser aus, aber lange vor dem Punk in der Zone hatte ich ein eigenes Profil. Ich möchte den Elter sehen, der behauptet, bei ihm hätte das nicht passieren können!

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